Urteile
  • BGH, Urteil vom 4. November 2015 - VIII ZR 244/14

Recht der Erneuerbaren Energien

BGH, Urteil vom 4. November 2015 - VIII ZR 244/14

Hier befindet sich der Abdruck des Bundesadlers

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

EEG 2009 § 3 Nr. 1 Satz 1, § 3 Nr. 5

a) Für den § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 zugrunde liegenden - weiten - Anlagebegriff, unter dem die Gesamtheit aller funktional zusammengehörenden technisch und baulich notwendigen Einrichtungen zu verstehen ist, ist maßgeblich, nach welchem Gesamtkonzept die einzelnen Einrichtungen funktional zusammenwirken und eine Gesamtheit bilden sollen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, NVwZ 2014, 313 Rn. 23, 32 ff., 40).

b) Nicht das einzelne, zum Einbau in ein Solarkraftwerk bestimmte Fotovoltaikmodul ist als eine (eigene) Anlage gemäß § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 anzusehen, sondern erst die Gesamtheit der Module bildet die Anlage "Solarkraftwerk".

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, den Richter Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. August 2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1 Die Klägerin betreibt ein als Freiflächenanlage erbautes Solarkraftwerk, das aus etwa 20.000 einzelnen Fotovoltaikmodulen besteht.

2 Sie nimmt die beklagte Stromnetzbetreiberin auf Zahlung einer erhöhten Einspeisevergütung in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der für die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung maßgebliche Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage im Sinne von § 3 Nr. 5 EEG 2009 vor oder nach dem Stichtag des 31. Dezember 2011 lag.

3 Die Klägerin ließ die Fotovoltaikmodule am 23. Dezember 2011 von einem Drittunternehmen in einer Lagerhalle einzeln auf ein provisorisches Gestell setzen. Hierbei wurden die Stecker der beiden Anschlusskabel mit einer Glühlampe verbunden und diese durch das auf die Module einfallende Sonnenlicht zum Leuchten gebracht (sog. "Glühlampentest") und die Module anschließend wieder verpackt.

4 Mehrere Monate später, von Anfang April bis Mitte Juni 2012, verbaute die Klägerin die Module auf einem anderen, hierfür bestimmten, Grundstück. Seit Juni 2012 speist die Klägerin den in ihrem Solarkraftwerk produzierten Strom in das Netz der Beklagten ein.

5 Die Klägerin verlangt mit der Klage die Zahlung der Differenzsumme zwischen der ihrer Ansicht nach geschuldeten gesetzlichen Mindestvergütung in Höhe von 21,11 Cent/kWh und der von der Beklagten geleisteten Vergütung in Höhe von 17,94 Cent/kWh, insgesamt 28.791,77 €, für den Abrechnungszeitraum vom 11. Juni bis 31. Dezember 2012. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

6 Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7 Das Berufungsgericht (OLG Nürnberg, EnWZ 2015, 43) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8 Die Klägerin könne ihren Vergütungsanspruch nicht auf § 16 Abs. 1, § 32 EEG in der bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung (EEG 2009), § 66 Abs. 1 EEG in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung (EEG 2012) stützen. Denn die Anlagen seien nach der bis 31. Dezember 2011 geltenden Definition des Begriffs "Inbetriebnahme" nicht vor dem 31. Dezember 2011 in Betrieb genommen worden.

9 "Anlage" sei bei der Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie das einzelne Modul. Das ergebe sich aus Wortlaut, Begründung und Systematik des EEG 2009. Nach der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 sei der Anlagenbegriff weit auszulegen. Der Gesetzgeber habe sich bei der Prägung des Anlagenbegriffs in § 3 Nr. 1 EEG 2009 von einem aus dem allgemeinen Sprachgebrauch abgeleiteten technisch-baulichen Verständnis leiten lassen, dem die Gesamtheit aller nach einem technischen Plan erforderlichen Bestandteile zugrunde liege. Aus Wortlaut ("Einrichtung zur Erzeugung von Strom") und Begründung ergebe sich außerdem, dass nur die zur Stromerzeugung benötigten Bauteile und Einrichtungen erfasst werden sollten. Diese Auslegung werde bestätigt durch die Verwendung eines vergütungsrechtlichen Anlagenbegriffs in
§ 19 EEG 2009, mit dem mehrere Anlagen im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009 zu einer Anlage "ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung" zusammengefasst würden. Danach sei im vorliegenden Fall jedes Modul des Solarkraftwerks als "Anlage" im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009 zu behandeln. Es enthalte nicht nur die stromerzeugende Einheit (den Generator), sondern auch die technischen und baulichen Bestandteile (die Halbleiterschichten und Anschlüsse), die zur Erzeugung von Strom erforderlich seien. Der weite Anlagenbegriff beziehe sich auf die Einbeziehung weiterer technischer Bauteile über den Generator hinaus, nicht jedoch auf die Zusammenfassung mehrerer Einzelanlagen zu einer Gesamtanlage.

10 Die Klägerin habe die Solarmodule jedoch nicht vor dem 31. Dezember 2011 in Betrieb genommen. Zwar habe eine Inbetriebnahme des Generators bei den Modulen am 23. Dezember 2011 stattgefunden. Es habe aber bis zum 31. Dezember 2011 keine technische Betriebsbereitschaft der Anlagen bestanden. Denn dafür reiche es nicht aus, dass mit den Modulen überhaupt Strom erzeugt werden könne. Der Betreiber müsse vielmehr das seinerseits Erforderliche getan haben, um damit erzeugten Strom dauerhaft ins Netz einspeisen zu können. Dafür sei es nicht ausreichend, die noch in einer Halle auf einer Fläche, die nicht dem zukünftigen Aufstellungs- und Netzanschlussort entspreche, eingelagerten Module provisorisch Strom erzeugen zu lassen. Zwar sei der Wortlaut von § 3 Nr. 5 EEG 2009 nicht eindeutig. Er lasse sowohl die Auslegung zu, dass die technische Betriebsbereitschaft vorliege, wenn die Anlage überhaupt Strom erzeugen könne, der in ein Netz eingespeist werden könnte, als auch das Verständnis, dass die Anlage - im Sinne der stromerzeugenden Einheit - zur Stromerzeugung in der geplanten Weise in der Lage sei. Aus der Begründung zu § 3 Nr. 5 EEG 2009 und zu der Vorgängervorschrift im EEG 2004 ergäben sich allerdings Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von einer Betriebsbereitschaft zur dauerhaften Einspeisung ausgegangen sei. In der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 5 EEG 2009 werde für die Inbetriebnahme auf den Zeitpunkt abgestellt, an dem erstmalig Strom zur Einspeisung in das Netz aufgrund der technischen Betriebsbereitschaft des Generators tatsächlich zur Abnahme angeboten werde.

11 Schließlich entspreche die Forderung nach einem zur bestimmungsgemäßen Einspeisung bereiten Zustand der Anlage auch dem Sinn des EEG. Das EEG wolle Investitionen in Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien durch die Gewährung von Mindestvergütungen ermöglichen. Die Herstellung der Betriebsbereitschaft und die Inbetriebnahme seien kein Selbstzweck. Sie seien die Grundlage für die Einspeisung von Strom in das Netz, mit der die Vergütungspflicht beginne, und damit mehr als ein Funktionstest. Die Forderung, eine Anlage an das Netz anzuschließen und den Strom zu vergüten, setze voraus, dass die Anlage dazu auch in der Lage sei. Solange die Anlage nicht in der Lage sei, Strom zu erzeugen und ins Netz einzuspeisen, sei der Betreiber im Hinblick auf eine bestimmte Vergütungshöhe nicht schutzwürdig; denn er wäre nicht in der Lage, sich diese Vergütung zu verdienen. Andernfalls könnten bei einem Abstellen auf die Funktionsfähigkeit nur des Moduls ohne bestehende Voraussetzungen für seinen geplanten Einsatz Module mit "eingefrorenen" Vergütungssätzen erzeugt werden, die zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt erst eingesetzt würden. Nach diesen Grundsätzen habe keine wirkliche Betriebsbereitschaft der Solarmodule vorgelegen.

12 Um bestimmungemäß und dauerhaft Strom in das Netz liefern zu können, hätten die Module noch - anders als in den Sachverhalten, die dem Hinweis der Clearingstelle EEG vom 25. Juni 2010 und dem vom Oberlandesgericht Naumburg (REE 2014, 173) entschiedenen Fall zugrunde gelegen hätten - auf die gemietete Fläche verbracht und dort aufgestellt werden müssen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie habe den Entscheidungen der Clearingstelle vertrauen dürfen. Ein Hinweis oder eine Entscheidung der Clearingstelle EEG könne ohne entsprechende gesetzliche Anordnung keine weitergehende Vertrauensgrundlage schaffen als eine vorhandene Rechtsprechung.

II.

13 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer erhöhten Einspeisevergütung besteht nicht, weil das von ihr betriebene Solarkraftwerk erst im Juni 2012 und somit nicht vor dem 31. Dezember 2011 als dem maßgeblichen Stichtag für die erhöhte Mindestvergütung in Betrieb genommen worden ist. Auf den "Glühlampentest", den die Klägerin rund ein halbes Jahr vor Errichtung des Solarkraftwerkes im Dezember 2011 an den Einzelmodulen durchgeführt hat, kommt es im Hinblick auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der vergütungspflichtigen Anlage schon deshalb nicht an, weil nach dem Anlagenbegriff des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074) in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung (im Folgenden: EEG 2009) nicht das einzelne Modul, sondern das unter Verwendung von etwa 20.000 Modulen errichtete Solarkraftwerk als Anlage anzusehen ist.

14 1. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Einspeisevergütung gemäß § 16 Abs. 1, § 20 Abs. 1, § 32 Abs. 1 EEG 2009 für den von ihrem Solarkraftwerk produzierten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom geltend. Diese Vergütungsvorschriften sind gemäß § 66 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634; im Folgenden: EEG 2012) nur anwendbar, wenn die betreffende Anlage vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden ist. Dies ist hier nicht der Fall.

15 2. Anders als das Berufungsgericht meint, stellen die später in das Solarkraftwerk verbauten Fotovoltaikmodule nicht 20.000 Einzelanlagen im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 dar, sondern erst das im Jahr 2012 errichtete Solarkraftwerk ist die Anlage im Sinne dieser Vorschrift.

16 a) Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 ist eine Anlage "jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas". Dabei ist ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 zur Bestimmung der Anlage "neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche technisch und baulich erforderlichen Einrichtungen" abzustellen (BT-Drucks. 16/8148, S. 38).

17 aa) Der Gesetzgeber hat mit dem EEG 2009 in bewusster Abänderung der unter dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1918; im Folgenden: EEG 2004) bestehenden Rechtslage einen weiten Anlagenbegriff eingeführt und sich gezielt von dem engen Anlagenbegriff des § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 gelöst, der noch "jede selbständige technische Einrichtung" als Anlage bewertete (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, NVwZ 2014, 313 Rn. 35 ff). Schon nach dem gewöhnlichen, vom Gesetzgeber für maßgeblich erachteten Sprachgebrauch (BT-Drucks. 16/8148, S. 39), also nach allgemeinem Verständnis, handelt es sich bei den Einzelmodulen, die die Klägerin erst im Frühjahr 2012 auf dem dafür vorgesehenen Grundstück zu dem geplanten Solarkraftwerk hat zusammenbauen lassen, nicht um 20.000 Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energie, sondern um bloße Komponenten der Anlage "Solarkraftwerk".

18 bb) Nach der gesetzgeberischen Intention ist Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 "die Gesamtheit der der Stromerzeugung dienenden Einrichtungen", wobei hierzu "neben der stromerzeugenden Einrichtung auch auf sämtliche technischen und baulichen Einrichtungen abzustellen" ist (Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, aaO Rn. 22; BT-Drucks. 16/8148, S. 38 f.). § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 bezieht somit in den Anlagenbegriff nicht allein die zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien notwendigen Mindestkomponenten ein, sondern alle in den Produktionsprozess eingebundenen, technisch und baulich notwendigen Installationen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, aaO Rn. 23). Der Gesetzgeber wollte durch den Verzicht auf das von § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 noch geforderte und zu Auslegungsschwierigkeiten führende Merkmal der "technischen Selbständigkeit" die Anlage in § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 nun als größere Einheit ("Gesamtheit") definiert wissen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, aaO Rn. 36), so dass auf alle zur Zweckerreichung erforderlichen technischen und baulichen Bestandteile in ihrer Gesamtheit und nicht mehr auf die einzelnen Komponenten abzustellen ist (Senatsurteil vom 23. Oktober 2013
- VIII ZR 262/12, aaO).

19 cc) Der Anlagenbegriff erschöpft sich mithin nicht in einer rein technischbaulichen Betrachtung derjenigen Einrichtungen, ohne die kein Strom produziert werden könnte. Vielmehr ist auch einzubeziehen, nach welchem Gesamtkonzept die einzelnen Einrichtungen funktional zusammenwirken und eine Gesamtheit bilden sollen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, aaO Rn. 34, 36 f.). Daher ist über die technisch-baulichen Mindestvoraussetzungen hinaus maßgeblich, ob die der Stromerzeugung dienenden Einrichtungen aus Sicht eines objektiven Betrachters in der Position eines vernünftigen Anlagenbetreibers (vgl. BT-Drucks. 16/8148, S. 50) nach dessen Konzept als eine Gesamtheit funktional zusammenwirken und sich damit nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch (BT-Drucks. 16/8148, S. 39) als eine Anlage darstellen.

- b) Angesichts der dargelegten Intention des Gesetzgebers des EEG 2009 ist es verfehlt, bereits das einzelne, zum Einbau in ein Solarkraftwerk bestimmtes Solarmodul als Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 anzusehen. Darauf, dass das einzelne Modul alle erforderlichen Einrichtungen (Halbleiterschichten und Anschlüsse) enthält, um selbständig Strom aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen, kommt es nach der gebotenen konzeptionellen Betrachtungsweise nicht an. Unzutreffend ist daher die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts, die in gleicher Weise in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (OLG Naumburg, ZNER 2015, 149, 150 und ZNER 2013, 527, 528; OLG Schleswig, ZNER 2012, 281), von der Literatur (Säcker/Schumacher, Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Aufl., § 3 EEG 2012 Rn. 28; Eckardt/Hennig in Frenz/Müggenborg, Erneuerbare-Energien-Gesetz, 3. Aufl., § 3 Rn. 5; Oschmann in Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl., § 3 Rn. 19; Reshöft/Reshöft, Erneuerbare-Energien-Gesetz, 4. Aufl., § 3 Rn. 27; BeckOK-EEG/von Oppen, Stand April 2015, § 3 Nr. 1 EEG 2012 Rn. 8; Weißenborn in Böhmer/Weißenborn, Erneuerbare Energien - Perspektiven für die Stromerzeugung, 2. Aufl., S. 372; Taplan/Baumgartner, NZBau 2015, 405, 406; Macht, ZNER 2014, 106, 107 f.; Schumacher, ZUR 2012, 17, 18) und auch von der Clearingstelle (vgl. Hinweis der Clearingstelle EEG vom 15. Juni 2011 Az. 2011/11, Rn. 7 ff., abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg.de/ files/2011-11_Hinweis.pdf) vertreten wird.

20 c) Das Berufungsgericht hat zwar richtig gesehen, dass dem EEG 2009 ein weiter Anlagenbegriff zugrunde liegt. Es wendet diesen aber nicht konsequent an, sondern bleibt letztlich dem wesentlich engeren Anlagenbegriff des EEG 2004 verhaftet, bei dem der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/2864, S. 45) und ausgehend von der bei § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 noch maßgeblichen Einzelbetrachtung von der Anlageneigenschaft des einzelnen Solarmoduls ausgegangen ist.

21 Insbesondere hat das Berufungsgericht verkannt, dass das einzelne Solarmodul einer Fotovoltaikanlage oder eines Solarkraftwerks noch nicht alle Einrichtungen umfasst, die nach dem geplanten Produktionsprozess vorgesehen und damit bei einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung des betriebstechnischen Konzepts Teil der Gesamtheit aller funktional zusammengehörenden sowie technisch und baulich notwendigen Einrichtungen sind (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 262/12, aaO Rn. 23 ff., 40).

22 Denn bei einem aus mehreren Modulen bestehenden Solarkraftwerk sollen nach dem betriebstechnischen Konzept sämtliche Module zur Stromgewinnung zusammenwirken. Zudem gehören auch die Befestigungsoder Montageeinrichtungen, auf denen die Module angebracht werden, zur Gesamtheit der funktional zum Zweck der geplanten wirtschaftlichen Stromerzeugung zusammenwirkenden technischen und baulichen Einrichtungen.

23 Bei Montageeinrichtungen für Solarmodule handelt es sich zwar nicht wie etwa bei Türmen von Windenergieanlagen oder Staumauern - um für die Stromerzeugung zwingend erforderliche Komponenten (vgl. BT-Drucks. 16/8148, S. 38), da die Solarmodule auch Strom produzieren könnten, wenn sie nicht auf einem Bauwerk oder einer Freiflächenanlage montiert, sondern auf dem Boden lediglich "abgelegt" würden. Die Montageeinrichtungen sind aber für die geplante effektive Stromgewinnung gleichwohl von erheblicher Bedeutung und deshalb gerade nicht bloße Infrastruktureinrichtungen, die nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/8148, aaO) nicht zur Anlage zählen. So ist etwa eine möglichst vorteilhafte Ausrichtung der einzelnen Module zur Sonneneinstrahlung für die Effektivität der Stromgewinnung ein wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzepts.

24 d) Dieser Sichtweise steht nicht entgegen, dass im Gesetzentwurf zu § 3 Nr. 5 EEG 2009 ausgeführt wird, für die Bestimmung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme sei unerheblich, ob die Anlage zu einem späteren Zeitpunkt an einen anderen Ort versetzt werde (BT-Drucks. 16/8148, S. 39). Denn hieraus lässt sich nicht ableiten, dass bei der von der Klägerin gewählten Konzeption jedes dabei verwendete Fotovoltaikmodul eine gesonderte Anlage darstellte. Die genannten Ausführungen in den Gesetzesmaterialien beziehen sich lediglich auf die Legaldefinition der Inbetriebnahme (§ 3 Nr. 5 EEG 2009) und nicht auf den hiervon zu unterscheidenden Anlagenbegriff nach § 3 Nr. 1 EGG 2009. Auch mittelbare Rückschlüsse auf die Anforderungen an eine Anlage lassen sich hieraus nicht ziehen. Denn die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Inbetriebnahme einer Anlage zu bejahen ist, hängt von der logisch vorrangigen Fragestellung ab, ob und inwieweit eine Installation als Anlage im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009 zu werten ist. Bevor eine Inbetriebnahme erfolgen kann, muss zunächst feststehen, welche Anlage in Betrieb gesetzt werden soll. Nicht die Inbetriebnahme hat also Einfluss auf das Vorliegen einer Anlage, vielmehr wirkt sich umgekehrt der Anlagenbegriff mittelbar auf die nachrangige Frage aus, ab welchem Zeitpunkt von einer Inbetriebnahme auszugehen ist.

25 e) Aus den vorstehend genannten Gründen ist auch die Neufassung der Legaldefinition der Inbetriebnahme einer Anlage (§ 3 Nr. 5 EEG 2012), die durch das Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 17. August 2012 (BGBl. I S. 1754) bewirkt worden ist und die nun erstmals ausdrücklich eine feste Montage der Anlage an dem für den dauerhaften Betrieb vorgesehenen Ort und die dauerhafte Installation mit dem für die Erzeugung von Wechselstrom erforderlichen Zubehör zur Voraussetzung der Inbetriebnahme macht, für die Auslegung des Anlagenbegriffs nach § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 ohne Belang. Hinzu kommt, dass einer verbindlichen Auslegung des EEG 2009 durch den nachfolgenden Gesetzgeber Grenzen gezogen wären (Senatsurteile vom 4. März 2015 - VIII ZR 110/14, WM 2015, 134 Rn. 41 mwN; vom 6. Mai 2015 - VIII ZR 56/14, juris Rn. 21), weil hierzu letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen ist (vgl. BVerfGE 135, 1, 15 mwN).

26 Aus den gleichen Gründen ist - anders als die Revision meint - die allein die Frage der Inbetriebnahme regelnde Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 20 EEG 2012 in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung für die Auslegung des Anlagenbegriffs nach § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 ohne Bedeutung.

27 3. Hieran gemessen waren die einzelnen Solarmodule der Klägerin vor dem 31. Dezember 2011 keine Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009. Nach dem betriebstechnischen Konzept der Klägerin - wie es ab Mitte Juni 2012 auch verwirklicht wurde - war eine aus einer Vielzahl von Modulen bestehende Freiflächenanlage vorgesehen. Diese Module wurden vor dem 31. Dezember 2011 nicht in einer Weise montiert, die ein funktionales Zusammenwirken aller in den (Strom-)Produktionsprozess eingebundenen Module und Montageeinrichtungen ermöglicht hätte. Die Module wurden nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich in einer Lagerhalle auf provisorische Gestelle gelegt, nicht aber auf der Vorhabenfläche mit den der Stromerzeugung dienenden Einrichtungen (Ständer und Befestigungselemente zum permanenten Gebrauch) ortsfest verbunden.

Vorinstanzen:

LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 14.01.2014 - 4 O 1706/13
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 19.08.2014 - 1 U 440/14 -